Herz Dame
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Inhalt
Nach etlichen Cocktails lässt Grace sich in einer Bar von ihrer Freundin überreden, den gutaussehenden Fremden an der Theke zu verlosen – mit ungeahnten Folgen …
Themen: Liebesroman, Cozy Crime, Secret Billionaire, Workplace/Boss Romance, One Night Stand to More, Forced Proximity,
Leseprobe
Prolog
Von einem kleinen Tisch im hinteren Bereich der »Flamingo-Bar« erklang Gelächter; zwei junge Frauen saßen dort und amüsierten sich offenbar bestens. Unzählige Cocktails, die während des Abends den Weg von der Bar an ihren Tisch gefunden hatten, waren der Grund dafür, dass sie sich jetzt kichernd über die wenigen, noch in der Bar anwesenden Männer ausließen.
»Ach, wie immer ist kein einziger gescheiter Kerl dabei«, murrte die blonde Sheila mit leicht schwerer Zunge, »alles nur Ausschussware.«
»Wenn du deine Ansprüche ein bisschen herunterschrauben würdest, könntest du schon längst unter der Haube sein«, erklärte Grace, und strich sich eine Strähne ihres rötlichen Haares aus der Stirn, während Sheila sich zum wiederholten Male im Raum umsah.
Ihr Blick fiel auf einen dunkelhaarigen Mann, der offenbar gerade hereingekommen war und sich jetzt an die Theke setzte.
»Oh, Gracie, ich glaube es kaum – Augen auf Halbneun, da sitzt etwas ziemlich Leckeres an der Bar.«
Wie von einer unsichtbaren Schnur gezogen zuckte der Kopf der Freundin herum, und sie begutachtete interessiert das Objekt, dem Sheilas Bewunderung galt.
»Hm, ja, nicht übel«, nickte Grace und widmete ihre Aufmerksamkeit wieder ihrem Cocktail.
Ungläubig schaute Sheila sie an. »Nicht übel? Sag mal wie bist du denn drauf? Auf einer Skala von eins bis zehn würde der eine glatte Zehn bekommen.«
Erneut taxierte sie den Mann, der inzwischen ein Glas Bier vor sich stehen hatte, und nachdenklich hineinstarrte.
»Also mich würde ja schon brennend interessieren, ob er wirklich so scharf ist, wie er aussieht«, kicherte sie. »Was hältst du davon, wenn wir es herausfinden?«
Grace verzog das Gesicht. »Ja natürlich, am besten fallen wir gleich zu zweit über ihn her.«
Einen Augenblick war es still am Tisch, dann sprang Sheila auf. »Ich habe eine bessere Idee.«
Bevor Grace etwas sagen konnte, ging sie mit nicht mehr ganz sicheren Schritten an die Bar, wechselte ein paar Worte mit dem Barkeeper und kam kurz darauf mit einem Päckchen Spielkarten zurück.
»Was hast du vor?«, fragte Grace überrascht.
»Ganz einfach«, Sheila kicherte wieder, »wir werden das jetzt auslosen.«
»Auslosen?«
»Ja, auslosen – das ist wenigstens fair. Jeder bekommt eine Karte, die Karte mit der höchsten Punktzahl gewinnt.«
Irritiert schaute Grace die Freundin an. »Gewinnt was?«, fragte sie verständnislos.
»Na, die Nacht mit dem Typ da.«
»Du hast sie doch nicht mehr alle«, war Graces leicht nuschelnder Kommentar, »Du kannst doch nicht einfach einen wildfremden Kerl verlosen.«
Sheila machte eine abwinkende Handbewegung. »Jetzt komm schon Gracie, sei kein Spielverderber. Früher warst du auch für jeden Unsinn zu haben.«
»Aber doch nicht so etwas«, wandte Grace zögernd ein.
»Hast du etwa Angst eine Abfuhr zu bekommen?«, sagte Sheila und sah sie herausfordernd an. »Dir würde es auch gut tun, deine ‚Rühr-mich-nicht-an‘-Haltung mal über Bord zu werfen.«
Grace schwieg, und Sheila warf ihr einen provokativen Blick zu.
»Du wirst irgendwann noch im Kloster enden. – Also was ist jetzt, machst du mit oder nicht?«
Einen Moment lang starrte Grace stumm in ihr Glas und dachte nach, was ihr in ihrem alkoholisierten Zustand keineswegs leicht fiel. Es war überhaupt nicht ihre Art, sich irgendwelchen Männern an den Hals zu werfen, und schon gar nicht für einen One-Night-Stand. Doch Sheila hatte recht, seit sie sich vor über einem Jahr von ihrem Ex-Freund getrennt hatte, war sie allein, und vielleicht war es an der Zeit, einfach mal alle Prinzipien über Bord zu werfen.
Sie setzte ihr Glas an, kippte den Inhalt in einem Zug herunter und nickte zögernd.
»Also gut, von mir aus – sonst muss ich mir das ewig anhören.«
Zufrieden begann Sheila, die Karten zu mischen.
»Okay, eine Karte für jeden, die höchste Punktzahl gewinnt«, wiederholte sie noch einmal, während sie jedem eine Karte verdeckt hinlegte.
Nervös starrte Grace auf die Karte, die vor ihr auf dem Tisch lag.
»Oh Gott, ich glaube, ich brauch noch was zu trinken«, erklärte sie aufgeregt und winkte der Bedienung, die ihnen kurz darauf zwei weitere Cocktails an den Tisch brachte.
Sie prosteten sich zu, tranken ihre Gläser in einem Zug leer, dann drehte Sheila beherzt ihre Karte herum. Kreuz Zehn.
Enttäuscht verzog sie das Gesicht und warf einen gespannten Blick auf Grace, die jetzt noch einmal einen unsicheren Blick auf den Mann an der Theke warf.
Schließlich drehte sie im Zeitlupentempo die Karte um und riss entsetzt die Augen auf – es war die Herz-Dame.
Kapitel 1
Es war Montagmorgen, und es schien einer dieser Tage zu werden, an denen man sich wünscht, man wäre besser im Bett geblieben und hätte sich die Decke über den Kopf gezogen.
Aus irgendeinem unerklärlichen Grund hatte der Wecker sich geweigert, seinen Dienst zu tun, und als Grace irgendwann erwachte, stellte sie entsetzt fest, dass sie verschlafen hatte.
Ein rascher Blick auf die Uhr sagte ihr, dass sie es trotzdem noch rechtzeitig zum Verlag schaffen könnte, wenn sie ihr Frühstück ausfallen ließ und sich beeilte.
Heute war der erste Tag im neuen Job, und sie wollte auf keinen Fall gleich Minuspunkte sammeln, indem sie zu spät kam.
Hastig sprang sie aus dem Bett und stürzte unter die Dusche, zog sich danach in Windeseile an, während sie nebenbei ein paar Schlucke Kaffee hinunterkippte.
Kurz darauf saß sie in ihrem Auto und jagte über den Highway nach Newport hinein. Nervös und mehr als eine Verkehrsregel missachtend kurvte sie durch die Innenstadt, und schließlich hatte sie das Gelände des »Newport Chronicle« erreicht.
Fluchend fuhr sie an den Reihen des völlig überfüllten Parkplatzes entlang, versuchte verzweifelt, eine Lücke zu entdecken. Zum wiederholten Male schaute sie auf die Uhr, stellte fest, dass sie keine Zeit mehr hatte, noch länger nach einem Parkplatz zu suchen, und steuerte kurzerhand auf eine freie Abstellfläche in der Nähe des Eingangs zu.
Das Schild mit der Aufschrift »Taylor« geflissentlich ignorierend, bog sie in die Lücke ein, und übersah dabei ebenfalls das Fahrzeug, welches sich gerade von der anderen Seite näherte und offenbar das gleiche Ziel hatte.
Wütendes Gehupe war die Folge, doch Grace kümmerte sich nicht darum, alles, was sie jetzt interessierte, war noch rechtzeitig ins Personalbüro zu kommen.
Ohne auf das Hupkonzert zu achten, stürmte sie ins Gebäude und drückte hektisch auf dem Rufknopf für den Fahrstuhl herum. Nach einer gefühlten Ewigkeit, die tatsächlich jedoch nur wenige Sekunden dauerte, traf der Lift ein, und zusammen mit einem Dutzend anderer Leute zwängte Grace sich in die kleine Kabine.
Genervt verfolgte sie, wie der Aufzug in jeder Etage hielt, Leute aus- und einstiegen, und sie atmete erleichtert auf, als sie endlich den zwölften Stock erreicht hatte.
Im Eiltempo lief sie über den Flur, fuhr sich vor der Tür des Personalbüros noch einmal nervös mit den Fingern durch die Haare, und klopfte dann zaghaft an.
Der Mann hinter dem Schreibtisch schien glücklicherweise nicht zu bemerken, dass sie völlig aufgelöst war; es dauerte nicht lange, bis alle Formalitäten erledigt waren, und er sich mit einem Lächeln erhob.
»Gut Miss Winter, ich werde Sie jetzt an Ihren Arbeitsplatz begleiten«, erklärte er, und sie folgte ihm hinaus.
Sie fuhren mit dem Fahrstuhl hinunter in die zweite Etage, durchquerten mehrere Korridore, und standen schließlich in einem Großraumbüro, in welchem hektische Betriebsamkeit herrschte.
Im hinteren Bereich des Raums befand sich ein kleiner, mit Glasscheiben abgetrennter Raum, der durch heruntergelassene Jalousien vor Blicken von außen geschützt war.
Nach einem kurzen Klopfen betraten sie den Glaskasten; zwei Männer befanden sich darin, der eine von ihnen saß hinter dem Schreibtisch, der andere, mit dem Rücken zu ihnen gewandt, auf der Schreibtischkante.
»… längst da gewesen, wenn sich nicht genau vor meiner Nase jemand auf meinen Parkplatz gestellt hätte«, hörte Grace noch die letzten Worte des dunkelhaarigen Mannes auf dem Schreibtisch.
Sie zuckte zusammen, wurde sich in der gleichen Sekunde bewusst, dass diese anklagenden Worte vermutlich ihr galten, doch bevor sie weiter darüber nachdenken konnte, ergriff der Personalchef bereits das Wort.
»Mr. Gray, Mr. Taylor, guten Morgen. – Ich bringe Ihnen die neue Mitarbeiterin.«
Ohne eine weitere Reaktion abzuwarten, schob er Grace ein Stück nach vorne und verschwand.
Der blonde Mann hinter dem Schreibtisch stand auf und trat auf Grace zu, reichte ihr lächelnd die Hand.
»Hallo, ich bin Justin Gray, das dort ist Dylan Taylor – herzlich willkommen im Chaos.«
Im gleichen Augenblick sah sie über seine Schulter hinweg, wie der Dunkelhaarige aufstand und sich umdrehte.
Ein eisiger Schreck durchfuhr sie, und das »Grace Winter – vielen Dank« blieb ihr auf halbem Wege im Hals stecken.
Mit unbeweglicher Miene starrte er sie an, nichts in seinem Gesicht deutete darauf hin, dass er sie erkannt hatte. Lediglich ein kurzes Aufblitzen in seinen blauen Augen verriet ihr, dass er genau wusste, mit wem er es zu tun hatte, und sie wurde feuerrot.
»Einen Augenblick noch, ich habe gleich Zeit für Sie«, bat Justin Gray.
Grace nickte, senkte peinlich berührt den Kopf und suchte verzweifelt den Boden nach einem Loch ab, in welchem sie klammheimlich verschwinden könnte.
Justin Gray wandte sich dem Dunkelhaarigen zu, drückte ihm einen Stapel Blätter in die Hand. »Das sind alles Entwürfe, mit denen ich nichts anfangen kann, vielleicht ist ja was für dich dabei.«
»Wenn du mir noch verrätst, woher ich mir die Zeit nehmen soll, das alles durchzusehen, würde ich mich vielleicht bedanken«, erklärte Dylan Taylor trocken, ohne den Blick von Grace zu wenden. »Du weißt doch genau, dass ich momentan kaum Leute habe.«
»Ja Dylan, ich weiß, aber ich kann den Kram hier nicht gebrauchen, also nimm ihn mit oder schmeiß ihn weg, Hauptsache, ich kriege mal meinen Tisch frei.«
Achselzuckend ließ Dylan Taylor die Zettel in den Papierkorb neben dem Schreibtisch fallen. »Schon erledigt. – Wir sehen uns später bei der Besprechung«, sagte er zu Justin Gray und ging zur Tür.
»Bis gleich«, nickte der Blonde ihm zu, und wandte sich wieder an Grace, die schweigend dagestanden hatte und jetzt froh war, dass Dylan Taylor endlich den Raum verlassen würde.
Sie atmete erleichtert auf und richtete ihre Aufmerksamkeit auf Justin Gray, doch im selben Moment drehte Dylan Taylor sich noch einmal um und warf ihr einen durchdringenden Blick zu.
»Na dann wünsche ich Ihnen einen angenehmen Start.«
»Danke«, murmelte Grace, ohne ihn anzusehen.
»Übrigens«, er grinste und heftete seinen Blick auf ihren Oberkörper, »Sie haben da einen Kaffeefleck.«
Entgeistert schaute sie an sich herunter, bemerkte auf ihrem weißen Oberteil eine braune Stelle genau in Höhe ihres Busens, und erneut schoss ihr das Blut in den Kopf.
Im gleichen Moment schloss sich auch schon die Tür hinter ihm, und zurück blieb eine völlig verstörte Grace, die sich wünschte, sie hätte niemals einen Fuß in die »Flamingo-Bar« gesetzt.
Kapitel 2
Als Grace am späten Nachmittag den Verlag verließ, hatte sie keine Ahnung, wie sie den Tag überstanden hatte.
Wie durch eine Nebelwand war alles an ihr vorbeigerauscht, die Erklärungen Justin Grays, die Vorstellung bei ihren Kollegen, die ersten Einblicke in die neue Arbeit.
Alles, woran sie denken konnte, war die Begegnung mit Dylan Taylor und die verhängnisvolle Nacht in der »Flamingo-Bar« vor zwei Tagen, von der sie bis zum heutigen Morgen noch gehofft hatte, sie für immer vergessen zu können.
Müde und frustriert fuhr sie mit dem Fahrstuhl nach unten, verließ das Gebäude und legte langsam die paar Schritte zu ihrem Auto zurück.
Dort hielt sie inne, und warf einen ungläubigen Blick auf das Fahrzeug, das quer hinter dem ihren stand und sie komplett blockierte.
»Das hat mir gerade noch gefehlt«, murmelte sie verärgert und schaute sich suchend um, ob irgendwo eine Spur des Fahrers zu entdecken war.
Weit und breit war niemand zu sehen, zumindest niemand, der die Absicht zu haben schien, den Wagen wegzufahren. Resigniert lehnte sie sich gegen ihr Auto und wartete, während ihre Wut auf den unbekannten Falschparker immer größer wurde.
Fast eine Stunde verging, ohne dass sich etwas tat, und sie überlegte gerade, ob sie das Auto stehen lassen und mit der U-Bahn nach Hause fahren sollte, als sie plötzlich Dylan Taylor aus dem Gebäude kommen sah.
Hektisch schloss sie die Fahrertür ihres Wagens auf, und hoffte, darin verschwinden zu können, bevor er sie sah, aber er hatte sie offenbar bereits entdeckt und steuerte geradewegs auf sie zu.
Verlegen drehte sie den Kopf weg, schaute demonstrativ in eine andere Richtung, doch er blieb genau vor ihr stehen und grinste sie an.
»Nur zu Ihrer Information – das ist mein Parkplatz. Aber es scheint wohl Ihre Angewohnheit zu sein, sich einfach zu nehmen, was Sie wollen«, sagte er süffisant.
Der spöttische Blick in seinen Augen verwandelte ihre Scham augenblicklich in einen solchen Zorn, dass sie ihn am liebsten geohrfeigt hätte.
»Sparen Sie sich Ihre dämlichen Bemerkungen und fahren Sie lieber Ihre Karre da weg«, fauchte sie ihn an, was zur Folge hatte, dass sein Grinsen noch eine Spur breiter wurde.
»Warum denn gleich so kratzbürstig? Am Samstag waren Sie wesentlich netter.«
Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, stieg sie in ihr Auto, und beobachtete im Rückspiegel, wie er lächelnd zu seinem Wagen schlenderte und sich hinein setzte. In aller Seelenruhe legte er den Gurt an, startete den Motor, und fuhr gemächlich ein kleines Stück rückwärts, gerade so weit, dass sie Platz hatte, um auszuparken.
Immer noch voller Wut ließ sie ihren Wagen an, legte mit solcher Wucht den Rückwärtsgang ein, dass das Getriebe ein vorwurfsvolles Krachen von sich gab, und ließ so abrupt die Kupplung los, dass sie den Motor abwürgte.
Völlig entnervt gelang es ihr schließlich beim zweiten Versuch, das Auto aus der Parklücke zu manövrieren. Sie gab Gas und der Wagen schoss mit einem Satz vorwärts, vorbei an Dylan Taylor, der alles amüsiert beobachtet hatte.
Wenig später steuerte sie ihr Fahrzeug durch den dichten Feierabendverkehr in Richtung Highway, während sie immer wieder wütend mit der Hand aufs Lenkrad schlug.
»Verdammt, verdammt, verdammt«, fluchte sie dabei unglücklich vor sich hin. »Warum muss ausgerechnet mir so etwas passieren?«
***
Zu Hause angekommen kochte sie sich eine Tasse Kaffee und wollte sich gerade damit auf die Couch setzen, als das Telefon klingelte.
»Gracie, ich bin‘s«, ertönte Sheilas Stimme, nachdem sie abgehoben hatte. »Ich wollte mal hören, wie dein erster Arbeitstag war.«
»Frag bloß nicht«, murmelte Grace unglücklich, »Es war eine Katastrophe.«
»So schlimm? Du hattest dich doch so darauf gefreut, was ist denn passiert?«
»Das ist zu viel, um es alles am Telefon zu erzählen, kannst du nicht herkommen?«
Sheila überlegte einen Moment.
»Eigentlich wollte ich noch ins Fitness-Studio, aber okay – so wie du dich anhörst, kannst du wohl Trost gebrauchen. In zwanzig Minuten bin ich da, bis gleich.«
Tatsächlich dauerte es nicht lange, bis Sheila eintraf, und nachdem Grace ihr ebenfalls eine Tasse Kaffee eingegossen hatte, machten sie es sich auf dem Sofa bequem.
Auffordernd schaute Sheila ihre Freundin an. »Also schieß los, ich bin ganz Ohr.«
»Ich glaube, ich sollte wieder kündigen«, sagte Grace dumpf.
»Was? Das meinst du jetzt nicht ernst, oder? Da hast du alle Hebel in Bewegung gesetzt, um endlich diesen Job zu bekommen, und jetzt willst du nach einem Tag schon alles hinwerfen? Warum denn das? Ist dein neuer Chef so schlimm?«
»Nein, der macht einen ganz netten Eindruck«, erklärte Grace kopfschüttelnd. »Sheila, du hast keine Ahnung, wer mir da heute in der Redaktion über den Weg gelaufen ist.«
»Wenn ich mir dein Gesicht anschaue, tippe ich auf Frankensteins Monster«, versuchte Sheila zu scherzen.
»Damit könnte ich leben«, murmelte Grace trocken, »Nein, viel schlimmer – der Typ aus der »Flamingo-Bar.«
»Welcher Typ?«, fragte Sheila irritiert, dann riss sie die Augen auf. »Nein, doch nicht etwa der, mit dem du …«
»Doch, genau der.«
Stockend berichtete Grace der Freundin, was sich im Verlag ereignet hatte.
Im ersten Moment war Sheila sprachlos, doch dann schüttelte sie den Kopf.
»Du wirst dich doch jetzt von diesem Kerl nicht aus deinem Traumjob rausekeln lassen, das wäre ja noch schöner«, sagte sie rigoros.
»Du hast gut reden, du hättest mal seinen Blick sehen sollen, und dann noch diese dreisten Bemerkungen, als ob ich so eine wäre, die sich jeden Abend mit einem anderen Mann vergnügt.«
Sheila schmunzelte. »Naja, ein bisschen kann ich ihn ja verstehen, schließlich hast du ihn abgeschleppt – woher soll er denn wissen, dass das ein einmaliger Ausrutscher war?«
»Ja danke, jetzt nimm diesen Idioten auch noch in Schutz. Ich muss dich wohl nicht daran erinnern, wessen Idee das Ganze überhaupt war.« Vorwurfsvoll starrte Grace die Freundin an. »Außerdem hat er keinen Grund so unschuldig zu tun, immerhin musste ich ihn nicht fesseln und knebeln und mit Gewalt aus der Bar schleifen.«
»Apropos – hat es sich denn wenigstens gelohnt?«
Verlegen senkte Grace den Kopf. »Keine Ahnung.«
»Was heißt ‚keine Ahnung‘?«, fragte Sheila verständnislos.
»Ich weiß es nicht«, murmelte Grace tonlos, »ich kann mich an nichts mehr erinnern.«
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