Coming Home
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Klappentext
Gefangen in einer unglücklichen Ehe, lernt Megan eines Tages in der Firma den attraktiven David kennen. Obwohl beide dagegen ankämpfen, merken sie sehr schnell, dass ihre Gefühle füreinander weit über das Berufliche hinaus gehen. Doch auch er ist verheiratet, und ein Spiel mit dem Feuer beginnt …
Leseprobe
Teil 1
1
Es war ein grauer, kalter Wintermorgen, und obwohl es erst halb sieben und draußen noch dunkel war, ahnte Megan bereits, dass dieser Tag nichts Gutes bringen würde. Mit ihrer gewohnten Tasse Kaffee saß sie in der Küche am Tisch, als sie das leise Geräusch der Schlafzimmertür hörte. Sie zuckte zusammen, wusste genau, was ihr jetzt wieder bevorstand.
Am Abend zuvor war sie mit ihrer Nachbarin und Freundin Julie zum Essen ausgegangen, und hatte über der guten Stimmung und der angeregten Unterhaltung völlig die Uhrzeit aus dem Auge verloren. Erst nach Mitternacht war sie nach Hause gekommen, und leise in ihr Bett geschlichen. Ihr Mann Brad hatte wie jeden Abend schnarchend vor dem laufenden Fernseher auf der Couch gelegen, und sie war froh darüber gewesen, hatte ihr dieser Umstand doch unliebsame Diskussionen mitten in der Nacht erspart.
Doch als er jetzt zu ihr in die Küche kam, das Kinn angriffslustig nach vorne gestreckt, war ihr klar, dass es sich nur um einen kleinen Aufschub gehandelt hatte, und er ihr nun – wie immer – eine Szene machen würde.
»War ja mal wieder spät gestern Abend«, begann er dann auch sogleich, und sein Tonfall war wie gewohnt anklagend und aggressiv.
»Wir haben vor lauter Quatschen ein bisschen die Zeit vergessen«, erklärte Megan ruhig.
»Du erwartest doch nicht, dass ich dir das glaube? Ihr werdet ja sicher nicht bis Mitternacht alleine in der Kneipe gesessen haben. Da waren doch garantiert noch irgendwelche Kerle bei euch.«
Es folgten die üblichen Vorwürfe und grundlosen Verdächtigungen, die er in seiner krankhaften Eifersucht jedes Mal vorbrachte, wenn sie es wagte, sich ohne ihn außer Haus zu verabreden. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte sie nur noch in der Wohnung gesessen und sich um den Haushalt gekümmert. Brad gefiel es überhaupt nicht, dass sie es sich nicht nehmen ließ, ab und zu mit Julie auszugehen, das einzige Vergnügen, das ihr überhaupt noch geblieben war, seit sie mit ihm verheiratet war.
»Wie siehst du überhaupt wieder aus? Musst du dich für die Arbeit so auftakeln?«, fuhr er jetzt fort. »Du willst doch nur, dass dir die Kerle hinterherglotzen.«
»Ich bin ganz normal angezogen, ich kann wohl schlecht im Kartoffelsack in die Firma gehen«, gab sie trocken zurück. »Außerdem habe ich heute ein Gespräch mit dem Chef.«
Ohne darauf einzugehen, setzte Brad seine Angriffe fort, und resigniert fragte sie sich, warum sie sich diese Litanei eigentlich jedes Mal anhörte. Automatisch schaltete sie ab, hörte ihm gar nicht mehr richtig zu. Ihre Gedanken schweiften zehn Jahre zurück, zurück zu dem Tag, an dem sie Brad kennengelernt hatte.
Damals war sie sechzehn gewesen, jung, dumm und unerfahren. Es hatte ihr imponiert, dass der acht Jahre ältere Brad sie hofierte; er war gut aussehend, charmant und äußerst hartnäckig gewesen. Entgegen allen Einwänden ihrer Eltern hatte sie sich von ihm um den Finger wickeln lassen, und es hatte nicht lange gedauert, bis sie schwanger geworden war.
Für ihre Eltern war es beschlossene Sache gewesen, dass sie heiraten mussten, und obwohl Brad sich anfänglich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt hatte, hatte er irgendwann nachgegeben. Im Nachhinein wünschte Megan, er hätte es nicht getan, denn nur kurze Zeit später hatte Brad sein wahres Gesicht gezeigt. Die Tinte auf der Urkunde war noch nicht richtig trocken gewesen, als er seinen Job verloren hatte, und seitdem hatte er keinerlei Anstrengungen mehr unternommen, sich nach etwas Neuem umzusehen.
»Es reicht doch, wenn du arbeitest«, war sein lapidarer Kommentar gewesen, immer wenn sie ihn darauf angesprochen hatte.
Als sie kurz nach der Hochzeit auch noch herausgefunden hatte, dass er nicht unbeträchtliche Schulden hatte, waren ihre Träume vom Hausfrauen- und Mutterdasein wie eine Seifenblase zerplatzt.
Wenige Monate später war Lisa zur Welt gekommen, und mit schwerem Herzen hatte sie sie tagsüber in Brads Obhut gelassen, um für den Lebensunterhalt ihrer kleinen Familie zu sorgen. Doch anstatt froh darüber zu sein, war Brad immer unausstehlicher geworden. Er verfolgte sie mit seiner krankhaften Eifersucht und ließ keine Gelegenheit aus, um ihr Vorwürfe zu machen. Lisa war der einzige Grund, warum sie überhaupt noch bei ihm war, die inzwischen Zehnjährige hing sehr an ihrem Vater. Wenigstens in dieser Hinsicht erfüllte Brad seine Pflicht; während er im Haushalt keinen Finger rührte, so kümmerte er sich zumindest einigermaßen um Lisa, solange Megan auf der Arbeit war.
»Gedenkst du denn heute wenigstens pünktlich nach Hause zu kommen?«, fragte Brad jetzt giftig, und holte Megan damit wieder zurück in die Gegenwart.
»Ja sicher«, seufzte sie resigniert, und fügte nach einem raschen Blick auf die Uhr hinzu: »Ich muss jetzt los, ich bin schon zu spät dran.«
***
Wenig später saß Megan in ihrem kleinen Auto und war unterwegs zur Arbeit. Es war noch relativ wenig Verkehr, sodass sie zügig fahren konnte. Auf einer vierspurigen, breiten Straße gab sie etwas mehr Gas, um die verlorene Zeit aufzuholen. Plötzlich sah sie in der beginnenden Morgendämmerung am rechten Straßenrand etwas kurz aufblitzen, und nach einem erschrockenen Blick auf ihren Tacho war ihr sofort klar, dass es sich um eine Radarkontrolle handelte.
Na toll, fluchte sie in Gedanken, während sie ein wenig Gas wegnahm, und das schon am frühen Morgen.
Missmutig legte sie das letzte Stück des Wegs zurück, stellte ihren Wagen auf dem Firmengelände ab und eilte dann über den Parkplatz auf den Eingang zu. In ihrer Hast achtete sie nicht darauf, wo sie hintrat; auf einmal blieb sie mit dem Fuß hängen und wäre beinahe gestürzt, konnte sich gerade noch so fangen. Irritiert schaute sie nach unten und sah, dass der Absatz ihres Schuhs in einem der Schmutzgitter vor dem Eingang stecken geblieben war.
Oh verdammt, schoss es ihr durch den Kopf, das darf doch nicht wahr sein.
Normalerweise ging sie in Jeans und bequemen, flachen Schuhen zur Arbeit, doch anlässlich des Gesprächs mit ihrem Chef hatte sie sich ausnahmsweise für ein Kostüm und ein Paar elegante, hochhackige Pumps entschieden.
Hektisch versuchte sie, sich zu befreien, doch vergeblich, der Absatz steckte felsenfest zwischen den Metallstreben. Völlig entnervt schlüpfte sie aus dem Schuh, bückte sich, und zog mit beiden Händen daran, so fest sie konnte.
»Brauchen Sie Hilfe?«, hörte sie auf einmal eine Männerstimme, und als sie aufsah, schaute sie in ein Paar graue Augen, die, so schien es ihr, ein wenig amüsiert funkelten.
Sie rappelte sich auf und zuckte hilflos mit den Achseln. Ohne zu zögern, ging der Mann vor ihr in die Hocke, drehte und schob den Schuh ein wenig hin und her, und befreite ihn scheinbar mühelos aus seinem Gefängnis.
»War doch gar nicht so schwer«, schmunzelte er.
Bevor sie reagieren konnte, griff er nach ihrem Fuß und streifte ihr behutsam den Schuh über. Megan war so überrascht, dass sie beinahe das Gleichgewicht verlor und spontan hielt sie sich an seiner Schulter fest.
»Danke«, murmelte sie verlegen, nachdem sie endlich wieder fest auf beiden Füßen stand.
»Keine Ursache«, lächelte er, während sein Blick ein Stück weit ihr Bein hinauf glitt. »Also, ich muss ja zugeben, dass das ein sehr reizvoller Anblick ist, aber ich frage mich doch immer wieder, wie ihr Frauen in diesen Dingern überhaupt laufen könnt.«
Entgeistert starrte Megan ihn an und bemerkte, wie sie feuerrot wurde. Versuchte dieser Kerl etwa, mit ihr zu flirten?
»Wir können mit diesen Dingern noch ganz andere Sachen«, fuhr sie ihn patzig an, »und die sind mit Sicherheit alles andere als reizvoll.«
Abrupt drehte sie sich um und stürmte ins Gebäude, hörte ihn hinter sich leise lachen. Sie erwischte gerade noch einen der Aufzüge, und als die Tür langsam zuglitt, fing sie noch einen letzten Blick aus zwei funkelnden grauen Augen auf.
…


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